Der künstlerische Ansatz besteht darin, dass es eine Tatsache ist, dass sämtliche Europäische Wettbewerbe deutlich weniger Stücke in Auftrag geben als noch vor ein paar – das ist ganz einfach ersichtlich, wenn man die Teststücklisten der letzten 30 Jahre anschaut. Ganz besonders schlimm ist diese Entwicklung in Grossbritannien, wo kaum mehr Stücke in Auftrag gegeben werden. Die Begründung warum das so ist hat sicherlich 2 Aspekte – erstens sind Auftragskompositionen teuer und damit eine Frage der Finanzen, zweitens scheint es seitens der Verbände weniger Risikobereitschaft zu geben, auch einmal ein weniger attraktives Stück zu bekommen. Persönlich finde ich das schade – denn ich denke nicht, dass eigentlich Brass Band Fremde Komponisten das Medium so noch entdecken können. Und wenn man bedenkt, dass Komponisten Philip Sparke, Philip Wilby oder Oliver Waespi ursprünglich nichts mit Brass Bands zu tun hatten, ist das sehr bedauerlich und wird früher oder später zu einer Uniformierung des Repertoires führen. 

Deshalb versuche ich zusammen mit der Brass Band Bürgermusik Luzern, verschiedene Komponisten zu animieren, für unser Medium zu schreiben, um eben genau diese unerforschten Klangwelten zu entdecken. Klar – nicht alle Stücke werden im Repertoire bleiben – aber einige davon sind seit ihrer Uraufführung sehr erfolgreich. 

Die Auswahl der Komponisten erfolgt jedoch weit pragmatischer als man denken könnte – welche Stile gefallen uns, wer könnte etwas Neues bringen, wer kostet wie viel und hat gerade Zeit… Die Kosten sind dabei recht unterschiedlich – junge Komponisten sind billiger als renommierte. Ich möchte hier aber keine konkreten Zahlen angeben. 

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In Ihrer Geschichte sagen Sie, dass Sie den Klang der Blaskapellen, die Sie dirigieren, ständig verbessern wollen. Der Klang ist eine Sache, doch bleiben noch die Technik, der Zusammenhalt der Register, die Ausgewogenheit ?

Musik ist in erster Linie Klang. Exquisiter Klang kann gar nicht erst erreicht werden, wenn die Technik nicht perfekt ist, wenn die Balance in den Registern nicht stimmt oder wenn die Musiker nicht homogen spielen. Für mich hängt alles zusammen. 

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Eine Frage, der die meisten Ihrer Kollegen ausgewichen sind, aber Sie werden ihr nicht entkommen! In den 1970er, und Sie können Ihren Vater befragen, sprachen wir über den englischen Stil, aber gibt es heute einen Referenz brass band stil ?

Wie erwähnt habe ich im ersten Berufsweg Sekundarlehrer studiert, dabei hatte ich neben der Musik die Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch als meine Hauptfächer. Ich bin schon damals zur Erkenntnis gekommen, dass der von ihnen angesprochene Stil mit der Sprache zu tun hat. Die breite, eher vokalenlastige und tiefe Aussprache der Engländer (besonders im Norden – weniger im Süden), scheint perfekt geeignet zu sein, um Blechinstrumente voll zum Klingen zu bringen. Die französische Sprache ist hingegen etwas enger, etwas nasaler, was auch einen anderen Klang hervorbringt. Man kann jetzt aber nicht sagen, dass dieser Klang schlechter wäre – er ist einfach anders. So gibt es auch grosse Unterschiede zwischen der Französischen oder Amerikanischen Trompetenschule – auch klingen Französische Orchester ganz anders als Deutsche. Interessanterweise passt aber der jeweilige Stil auch besser auf die jeweilige Musik – Debussy spielen Franzosen besser, Wagner aber Deutsche. So verhält es sich meiner Ansicht nach auch mit der Brass Band Literatur… Es ist schwierig, Englische Bands mit englischer Literatur zu übertrumpfen, dafür haben sie aber oftmals extrem Mühe, Komponisten aus anderen Ländern gut zu interpretieren. Früher gab es aber eben nur englische Literatur – weshalb der englische Stil halt nach wie vor dominant ist. Aber ein englisch gespielter Waespi oder Doss ist – mit Verlaub – schrecklich. 

Die Bürgermusik Brassband Luzern, die Sie seit 2009 leiten, gehört zu den besten Schweizer Bands und erreicht stets die Ehrenplätze an nationalen oder internationalen Wettbewerben. Erzählen Sie uns etwas über Ihre Musiker, wer sind sie, sind sie Profis oder aufgeklärte Amateure ?

Die grosse Mehrheit sind ambitionierte Amateure, es gibt aber eine Hand voll Profis, die noch als Hobby in einer Brass Band mitspielen. Die BML ist eine sehr stabile Band, wir haben sehr wenige Wechsel. Die Kameradschaft ist wirklich ausgezeichnet und wir haben seit vielen Jahren eine grossartige Ambiance in der Band. Das dürfte wahrscheinlich ein wichtiger Grund für die erfolgreiche Zusammenarbeit über so viele Jahre sein. Ich denke, dass sich die Band sehr ähnlich zusammensetzt, wie alle anderen Schweizer Spitzenformationen. 

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Erzählen Sie uns von dem Ensemble de Cuivres Euphonia, das Sie seit 2007 leiten und das letztes Jahr an den Schweizer Meisterschaften in Montreux in der Kategorie Elite gewonnen hat.

Das Ensemble de Cuivres Euphonia ist eine wunderbare Band, wo mit relativ geringem Aufwand auf sehr hohem Niveau musiziert werden kann. Viele der Mitglieder könnten den Zeitaufwand für eine Höchstklasse-Band nicht absolvieren, aber mit gezieltem Arbeiten wo Aufwand und Ertrag perfekt zusammenpassen kann man doch vieles Erreichen. Nichtsdestotrotz wurde es in den letzten Jahren für mich immer schwieriger, alle meine Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen, weshalb ich um Unterstützung gebeten habe bei der Band. In den letzten Jahren durfte ich nun als Dirigent auf die Mithilfe von Frau Veronique Gyger zählen. Sie dirigiert regelmässig Projekte und unterstützt mich in der Vorbereitung von Wettbewerben sehr stark -und ich bin ihr dafür sehr dankbar.   

Seit 11 Jahren, in denen Sie die BML leiten und seit 13 Jahren Euphonia, haben Sie keine CD gebrannt ? Ich habe das Gefühl, dass sich die Dinge ändern. Vor zwanzig Jahren musste eine Band, um zu existieren, CDs produzieren. Heute ist das offensichtlich nicht mehr der Fall. Was sagen Sie dazu ? Änderung der Verbraucherpraxis oder Änderung der Strategie der Bands ?

Der Absatz von CD ist weltweit total eingebrochen, und eine gute CD zu produzieren braucht viel Aufwand und Geld.  Aufwand und Ertrag stimmen hier meiner Meinung nach nicht mehr, und CD dürften heute in den allermeisten Fällen ein Negativ-Geschäft sein. Ich denke, dass sich Bands auf das spezialisiert haben, was sie besser können als andere… Unterhaltende aber trotzdem qualitativ hochstehende Live-Konzerte zu spielen. 

Jedoch könnte sich das wieder ein bisschen ändern, je nach dem wie sich die Situation in der Folge des Corona-Virus auf den Konzertalltag auswirken wird. Vielleicht macht es dann durchaus Sinn, wieder Tonträger zu produzieren. 

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der Wettbewerb hat in der heutigen Welt der Brass Bands einen herausragenden Platz eingenommen. Ich habe den Eindruck, dass sich jedes Ensemble nur zum Zweck des nationalen Wettbewerbs entwickelt, oder des europäischen, wenn es sich qualifiziert hat. Diese Wettbewerbe dominieren das musikalische Leben der Blaskapellen in sehr hohem Maße. Kann heute eine Schweizer Blaskapelle existieren, wenn sie nicht wenigstens am nationalen Wettbewerb teilnimmt ?

Existieren ja – wenn auch mit Schwierigkeiten, genügend Musiker dafür zu finden. Das zielorientierte Arbeiten ist meiner Meinung nach schwierig zu erreichen ohne Wettbewerbsteilnahmen denke ich. Somit resultiert auch kein Fortschritt und kaum Entwicklung. 

Erzählen Sie uns von Brass Band Harmonie Saanen ?

Die Brass Band Harmonie Saanen ist mein Dorfverein - eine Brass Band der 2. Klasse. Dort habe ich meine Blasmusikalischen Wurzeln habe, dort spielen meine Jugendfreunde. Ich bin sehr glücklich, dass ich diesem für mich so wichtigen Verein bis heute habe treu bleiben können, auch wenn das mit meinen diversen Verpflichtungen nicht immer einfacher wird. Dank der grossen Flexibilität des Verein uns einem ausgezeichneten Vizedirigenten ist es aber möglich - was mich sehr freut.